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Dies sind nun die Früchte meines html-Lernens. Viel Spass!!

Ein Samstag


Es ist Samstagvormittag. Stehe um 9 Uhr auf, frühstücke, sehe dabei noch etwas fern und bringe den Müll raus.
Beschließe dann vorm Badminton noch schnell einkaufen zu gehen. Laufe also mit meiner Stofftasche mit Fischaufdruck zum nächsten Supermarkt.
Bis dahin ist alles wie gewöhnlich, nehme meine Standartroute durchs Geschäft, erst Äpfel, dann Milch, Käse, Brötchen, Müsli und Kekse.
Und dann stehe ich an der Kasse. Es sind ziemlich viele Kunden da, aber nur eine Kasse offen. Das ärgert mich ziemlich, muss ich doch auch noch meine Sportsachen packen.
Es dauert alles ziemlich lange. Als es seinen Anfang nimmt, sind nur noch 3 Kunden vor mir.
Eine Frau, typische Hausfrau, würde ich sagen, hat eine Wassermelone auf dem Laufband.
Nun kann diese aber nicht gewogen werden, zu schwer. Also legt die Kassiererin ihr Nahe, sich eine andere Wassermelone zu holen, was diese auch tut. Einige Minuten später ist sie dann wieder da, mir einer kaum merklich kleineren Bombe im Arm.
Selbstverständlich ist auch diese Wassermelone zu schwer.
Während ich ungeduldig von einem Fuß auf den anderen wechsle und mir das Grinsen kaum noch verkneifen kann, eilt nun eine Verkäuferin los um eine passende Wassermelone zu holen.
Der Typ vor mir in der Schlange bemerkt mein amüsiertes Gesicht und wirft mir ein zustimmendes Lächeln zu.
Und da ist die Verkäuferin auch schon zurück und kurz später liegen ganze drei Wassermelonen hinterm Laufband, alle zu schwer.
Glücklicherweise verliert die Kundin so langsam den Appetit auf Wassermelonen und verhinderte so, das sämtliche vorrätige Melonen angeschleppt werden.
Ich rücke also einen Platz in der Schlange vor und deponiere meine Einkäufe auf dem Laufband. Wie es das Schicksal will, ist nun die Kassenrolle leer.
Mein Vordermann dreht sich wieder zu mir um.
" Die wollen uns ärgern, was?"
Ich bin so überrascht, dass ich nichts erwidern kann. Ist eigentlich seltsam, aber irgendwie, sein Blick, der hat mich vollkommen aus dem Konzept gebracht.
Der Kerl ist mir nicht sofort als attraktiv aufgefallen, aber auf einmal... .
Ich bekomme also nur ein Nicken zustande und hätte mich dafür am liebsten selbst geohrfeigt.
Irgendwann ist dann auch die neue Kassenrolle endlich montiert und ich komme an die Reihe.
Beobachte, wie meine Einkäufe über das Registrierfeld gezogen werden und überlege dabei, ob ich den Typen, der mittlerweile am Bäckerstand steht, einfach ansprechen sollte.
Aber was sollte ich sagen? Würde mich doch nur blamieren, wenn ich überhaupt etwas heraus bekommen würde.
Also zahle ich, packe meine Sachen ein und gehe Richtung Ausgang.
Ich weiß nicht, ob ich nun besonders langsam war oder ob er sich beeilt hatte, jedenfalls holt er mich kurz vor den Schiebetüren ein.
" Da haben wir es ja doch geschafft", meint er. Habe so das Gefühl er wollte eigentlich was ganz anderes sagen.
" Ja ...", schaffe ich es zu äußern.
" Ich ehm, ich könnte jetzt nen Kaffee vertragen ...", er deutet vage hinter uns, wo sich eine Art Stehcafe befindet.
Mein Kopf ist total leer, ich kann es gar nicht fassen, hat er mich eben tatsächlich auf einen Kaffee eingeladen? So etwas gibt es doch nur im Film? Man trifft an der Kasse einen süßen Typen und kurz später steht man mit ihm auf eine Tasse Kaffee in der Ladenecke.
Sosehr ich mich auch bemühe, ich bekomme nur ein bestätigendes, nicht weiter definierbares Geräusch zustande.
" Gut, darf ich Sie einladen?"
Hat er mich da gerade gesiezt? Ich spüre, wie sich mein Magen umdreht. Ich werde keinen Tropfen von diesem Gebräu runterkriegen.
"- Gerne ...", äußere ich mühsam. Nur ganz kurz kommt mir der Gedanke, das ich vielleicht meine Milch kalt stellen sollte.
" Gut", er setzt ein unwiderstehliches Lächeln auf und geht vorweg.
Während ich ihm folge, versuche ich vergeblich meinen Puls zu beruhigen und mustere ihn dabei von hinten, was dem nicht unbedingt förderlich ist.
Er überragt mich etwa einen halben Kopf, hat blonde, etwas abstehende Haare und trägt eine gepflegte Jeans und einen braunen Ledergehrock. Welch ein Zufall, dass ich auf blonde stehe.
Er will wissen, wie ich meinen Kaffee trinke, geht zur Theke und kommt kurz später mit zwei Tassen zurück. Er stellt sie ab und reicht mir seine Hand.
" Ich bin Max."
" Andrea", ich ergreife sie und hoffe, dass meine Hand nicht annähernd so verschwitzt ist, wie ich es befürchte.
" Freut mich", wieder dieses Lächeln. Ich könnte zerfließen.
" Mich auch ...", ich glaube, ich war noch nie so verlegen. Um irgendetwas zu tun nippe ich an meinem Kaffee und frage mich, was zum Teufel ich da überhaupt tue.
" Wohnen Sie hier in der Nähe?" erkundigt er sich ohne den Blick von mir zu lassen.
"- Ja ...", ich stelle gerade fest, das er wunderschöne grüne Augen hat, "- und Sie?"
" Nun, das ist etwas komplizierter ...", er kippt etwas Zucker in seinen Kaffee und rührt ihn sorgfältig um, "- ich bin quasi auf der Durchreise, auf Besuch bei meinen Großeltern hier. Eigentlich komme ich aus München".
Ich umfasse meine Tasse mit beiden Händen, wäre ja auch zu schön gewesen, wenn er von hier gewesen wäre. Ganz plötzlich wird mir bewusst, das ich jetzt langsam etwas sagen sollte, vorzugsweise einen kompletten Satz.
" Aus München ...", wiederhole ich, wie einfallsreich, würde mich wirklich nicht wundern, wenn er jetzt mit irgendeiner fadenscheinigen Ausrede auf den Lippen die Flucht ergreift.
Aber dazu scheint er zu höflich zu sein. Es ist also an mir, diese beiderseitige Qual zu beenden, bevor es noch schlimmer wird.
" Ja, genau", bestätigt er, "- lassen Sie mich raten, Sie sind Studentin?"
Ich nehme einen großen Schluck meines Kaffees, einen zu großen Schluck.
" Ja, das bin ich ...", mühevoll verhindere ich, den Kaffee über meine Jacke zu verteilen.
" Da haben Sie sich ja eine schöne Uni ausgesucht, in München hört man nur Gutes von hier", ich scheine ihn noch nicht genug abgeschreckt zu haben.
" Es heißt, der Ruf von Göttingen steigt proportional zur Entfernung an", äußere ich.
Er lacht und zeigt dabei seine strahlend weißen Zähne. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, habe das Gefühl, man könnte es meilenweit hören.
" Das wäre natürlich eine Erklärung", täusche ich mich oder ist das ein Grinsen. Was auch immer es ist, es lässt mich grad noch weicher werden, wenn das denn überhaupt noch möglich ist. Um schlimmeres zu verhindern beschließe ich sofort zu gehen.
" So, ich muss jetzt leider, hab noch einiges zu tun", entschuldige ich mich und greife schon mal meine Tasche.
" Schon?" sein Körper verliert einiges an Spannung, er fällt regelrecht zusammen, " darf ich Sie anrufen?"
" Ehm ... ja ...", ich bin ziemlich perplex, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet.
" Dafür bräuchte ich Ihre Nummer", er lächelt mich total süß an.
Kann nur hoffen, ich werde jetzt nicht so tomatenrot, wie ich es in solchen Situationen immer zu tun pflege.
Ich sage ihm also schnell die Nummer und verdrücke mich dann.
Sicher, das ist nicht sonderlich nett, aber ich war auch nicht mehr zurechnungsfähig.
So geht es mir auch den Rest des Tages. Habe bis jetzt noch nie so grottenschlecht Badminton gespielt. Man könnte ohne Übertreibung behaupten, ich sei nur körperlich anwesend.
Und dann habe ich plötzlich eine Nachricht von ihm auf dem Handy. Er hat sich die Nummer tatsächlich gemerkt, obwohl er sie nur einmal gehört hatte.
Allein diese Erkenntnis reicht aus, um die Frequenz meines Herzschlages um mehrere 100 Prozent zu steigern.
Ob ich Lust hätte, mit ihm ins Theater zu gehen.
Und ob! Die Frage ist jedoch, wie ich es fertig kriegen soll, mich vor Aufregung nicht zu übergeben, nicht rumzustottern oder mich unendlich zu blamieren.
Kann ja schon jetzt keinen klaren Gedanken mehr fassen.
Beschließe also, erstmal nicht zu antworten, schon allein aus gesundheitlichen Gründen.
Hätte nie gedacht, dass ein morgendlicher Einkauf so etwas nach sich ziehen würde.
Man lernt die Leute doch sonst nur auf Partys oder in Diskotheken kennen.
Nach einer halben Stunde meldet er sich nochmals und nach einer weiteren Anfrage bin ich plötzlich dabei, eine Antwort zu tippen.
Gehe also heute Abend ins Theater. Habe doch gar nichts Passendes zum anziehen.
Werde um 19:30 zuhause abgeholt, noch ein paar Stunden für mich, an meiner Nervosität zu ersticken. Und meinen Kleiderschrank zu durchwühlen.
Am liebsten würde ich jetzt einfach verschwinden oder den Abend einfach überspringen.
Aber stattdessen erlebe ich die wohl längsten paar Stunden meines Lebens, in denen ich meinen gesamten Kleiderschrank mehrfach durchprobiere, aber einfach nichts Passendes finde. Weiß auch gar nicht so recht, was ich suche. Mein Outfit sollte theatertauglich sein, aber nicht danach aussehen, als ob ich Stunden vorm Kleiderschrank verbracht hätte. Na klasse. Räume also erstmal alles, was nicht in die engere Auswahl fällt, wieder ein.
Als ich damit fertig bin ist der Schrank wieder genauso voll wie vor meiner Suche. Ganz toll.
Entscheide mich letztendlich für eine meiner besseren Hosen (soll heißen, keine Jeans), eine Bluse und einen Pullunder. So könnte ich auch in ne BWL- Vorlesung gehen, aber das ist mir jetzt egal. In einem Anzug oder zumindest mit Jackett wäre ich eh nur overdressed...
Als es pünktlich um halb acht an der Tür klingelt, habe ich schon meine Jacke an, habe den Fernseher bereits seit fünf Minuten ausgeschaltet und meine Handtasche sogar fertig gepackt neben mir auf dem Bett stehen.
Ich atme also einmal tief durch, wische mir die verschwitzten Hände an der Hose ab, rede mir Mut zu und öffne.
Sofort bleibt mir die Luft weg, mein Pulsschlag geht ins unendliche und ich weiß nicht einmal mehr meinen Namen.
Er trägt einen weißen Anzug, der extra für ihn angefertigt scheint, mit einem schwarzen Hemd und hat flach gegelte Haare.
" Freut mich, Sie so schnell wieder zu sehen.- Hätte sonst wohl kein Auge zubekommen", redet er und reicht mir eine blutrote Rose.
Dies ist einer der Momente, in denen ich mir nichts sehnlicher wünsche, als in einem früheren Jahrhundert zu leben, indem Frauen noch enge Korsetts tragen mussten, um jetzt einfach in Ohnmacht fallen zu können.
Da mir diese Möglichkeit nun aber leider nicht offen steht, muss ich da wohl oder übel so durch.
Habe das Gefühl über meinem Körper direkt unter der Decke zu schweben und zu beobachten, wie ich die Rose entgegennehme und sie mit zitternden Händen ins Wasser stelle.
" Vielen dank ...", murmle ich vermutlich etwas unverständlich und lächle ihn an, na ja, ich versuche es jedenfalls. Ist wohl ganz praktisch, das ich mein verkrampftes Lächeln nicht sehen kann, ansonsten würde ich jetzt wohl roten Alarm geben.
Plötzlich wird mir bewusst, das wir doch schon etwas länger bei mir zwischen Tür und Angel stehen und das ich deswegen etwas tun sollte.
" Ich bin soweit fertig..., wir können dann los ...", mein Blick bleibt an seinem markantem Kinn direkt vor meiner Nase hängen. Was muss der Typ auch so gut aussehen.
" Okay, stehe auch direkt vor der Tür, weiß gar nicht, ob ich das überhaupt darf", erzählt er, während ich die Haustür abschließe, was nicht auf Anhieb klappen will, habe arge Probleme das Schlüsselloch zu treffen.
" Samstags geht das, und ab 19 Uhr sowieso", höre ich mich antworten. Endlich ist die Tür zu und ich verstaue meinen Schlüssel. Gerade als wir den halben Flur durchquert haben, geht das Licht aus. Automatisch bleibe ich stehen um nach dem nächsten Lichtschalter zu tasten.
Dabei rennt er in mich hinein.
" Hoppla ..., Entschuldigung, habe Sie nicht gesehen ...", meint er etwas verlegen.
" Kein Problem ...", ich finde endlich den Schalter und drehe mich zu ihm um und kann mir bei seinem Anblick das Lachen gerade so verkneifen. Er ist knallrot. Irgendwie tröstlich, bin also nicht alleine so schrecklich nervös. Und total süß. Verdammt, ich glaube, ich bin ihm schutzlos ausgeliefert, die richtigen Worte aus seinem Mund und ich bin Wachs in seinen Händen.
Draußen vor der Tür steht ein hübscher silberner Sportwagen, scheint ziemlich teuer zu sein, und dahinter ein alter Golf. Ich halte auf den Golf zu.
" Wo wollen Sie denn hin?" höre ich hinter mir eine amüsierte Stimme.
" Ich, eh ...", ich drehe mich um. Er steht neben dem silbernen Chrysler, wie ich nun erkenne und hält mir die Beifahrertür auf.
Kriege vor Erstaunen kein Wort mehr raus, wen habe ich da nur aufgegabelt, eine Art Prinzen? Erinnert mich an "Cinderella" oder "Pretty Woman".
Lasse mich also auf dem schwarzen Ledersitz nieder und betrachte die Innenverkleidung aus Kirschholz und die vielen digitalen Knöpfe für Sitzheizung, Klimaanlage, CD-Player etc.
Das Auto hat er sich bestimmt von seinen Großeltern geliehen. Ich frage vorsichtig nach.
" Der Wagen ist mein ganzer Stolz, habe zwei Jahre dafür gearbeitet", berichtet er.
Ah ja. Und als was? Zuhälter? Schnell weise ich das kleine Teufelchen in mir in seine Schranken zurück. Obwohl das natürlich zu meinem Glück mit den Kerlen passen würde.
Er fährt direkt vors Theater und besteht darauf, dass ich im Auto warte, bis er mir die Tür öffnet.
Alleine im Auto atme ich ein letztes Mal tief durch und schließe die Augen um mich zu sammeln.
Mit dem Erfolg, das ich etwas zu schnell aufspringe und mir den Kopf anhaue.
Er entschuldigt sich natürlich gleich ein dutzend Mal, während ich meinen Kopf halte und dem Herr im Himmel für diese, wenn auch etwas schmerzhafte, Ablenkung danke.
Die aber leider nicht lange anhält.
Meine Knie zittern dermaßen, dass ich mir wie ein lebensgroßer Vibrator vorkomme.
Umso dankbarer bin ich, als er vorschlägt, ich sollte mich schon mal setzen, während er noch schnell einen Sekt holt.
Dem komme ich ohne zu zögern nach. Hoffentlich sind die Sektgläser nicht zu voll, bei meinen ruhigen Händen würde ich das Zeug sonst im ganzen Saal verteilen.
Ganz abgesehen von meinem Magen, der schon jetzt Anstalten macht, zu rebellieren.
Habe mal irgendwo gelesen, dass man in solchen Situation für einen kurzen Moment alle Muskeln anspannen solle. Angeblich soll dadurch die Nervosität verschwinden.
Dem traue ich zwar nicht so ganz, aber versuchen kann man es ja mal.
Ich balle also meine Hände zu Fäusten, schließe die Augen und spanne jeden einzelnen Muskel an.
" Geht's Ihnen nicht gut?" seine Stimme durchdringt meine Gedanken wie eine Rasierklinge.
Das war nun gewiss nicht Zweck der Übung. Ich merke, wie mein Kopf zu glühen anfängt und mein Puls kurz davor ist meine Adern zu sprengen.
" D- doch, sicher ...", stammle ich vollkommen überrumpelt mit einer Stimme, die ich persönlich mehr einem Raben zugeordnet hätte als einem menschlichem Wesen.
" Sind Sie sich sicher?" er wirft mir so einen besorgten Mutterblick zu, "- soll ich Sie nachhause fahren?"
Während ich mir überlege den Erfinder dieser so nützlichen Weißheit eigenhändig zu erschießen, schüttele ich heftig mit dem Kopf, "- nein, alles in Ordnung..., ich ...", ich habe plötzlich die hirnrissige Idee mich ihm zu offenbaren, "- ich bin nur etwas nervös ...".
Jetzt wäre wohl der richtige Moment weg gebeamt zu werden. Zu schade, das diese nützliche technische Errungenschaft noch nicht erfunden wurde.
" Das bin ich auch, ganz schrecklich nervös sogar ...", meint er etwas leiser, "- das muss an meiner wundervollen Begleitung liegen".
Wenn er mich damit beruhigen wollte, ist dies vollkommen fehlgeschlagen.
Anstatt etwas zu entspannen scheint jetzt alles verrückt zu spielen. Habe keinerlei Kontrolle mehr.
" Sekt?" er hält mir ein gut gefülltes Glas hin.
" Gerne", ich schnappe mir das Glas, stoße noch schnell mit ihm an und stürze das Zeug dann nur so runter. Noch während des Schluckens reiche ich ihm das leere Glas.
Mit einem Schmunzeln entschuldigt er sich kurz um die Gläser wegzubringen.
Ich nutze die Zeit mich etwas umzusehen, fixiere die Bühne und versuche zu erahnen, was wohl hinter den Vorhängen für Requisiten stehen. Eine Couch womöglich? Ganz gewiss sogar. Und schon schweifen meine Gedanken ab.
Unnötig zu erwähnen, wohin.
Kurz später ist er wieder da und die Vorstellung geht los.
Vergeblich versuche ich dem Stück zu folgen.
Ich sehe die Darsteller auf der Bühne umherlaufen, höre sie reden, starre sie regelrecht an, aber es bleibt einfach nichts hängen.
Dagegen braucht meine Begleitung nur einmal Luft zu holen, schon hat er meine volle Aufmerksamkeit. Frage mich, was wohl gerade in seinem Kopf vorgeht.
Bestimmt überlegt er sich gerade, wie er die Verrückte neben sich so schnell wie möglich wieder los wird und dabei noch das Geld für die Theaterkarte abkassiert.
Irgendwann ist das Stück schließlich zu ende. Und der Beifall auch.
Zeit, sich über das Gesehene auszutauschen.
Wenn ich mich nur an etwas Prägnantes erinnern könnte.
" Schönes Stück, nicht wahr?" er hilft mir in die Jacke.
" Ja, hat mir gefallen", erwidere ich neutral.
Wir verlassen gemeinsam den Saal, um uns herum wird sich fleißig über das Stück ausgetauscht, wir scheinen die einzigen, die sich da doch etwas zurückhalten.
" Muss aber zugeben, das ich nicht ganz bei der Sache war ...", meint er schließlich mit einem seltsamen Blick in meine Augen.
Ich merke, wie sich mein Mund öffnet und wieder schließt ohne einen Ton von sich zu geben.
Ein "Timeout" wäre jetzt das richtige. Wieso habe ich nicht Pipers Fähigkeiten Menschen erstarren zu lassen?
Und wieso zum Teufel bin ich so ein Nervenbündel?
" Würde mich sehr freuen, wenn Sie meine Gesellschaft noch ein weiteres Mal ertragen könnten", äußert er vorsichtig mit Blick auf den Fußboden, "- ich habe die Zeit mit Ihnen sehr genossen ...".
Das ist mir jetzt zuviel. Ich will nur noch weg, sofort. Ansonsten kommen mir noch die Tränen oder es passiert etwas ähnlich Peinliches.
"- Gerne ...", quäle ich mir hervor.
Er fährt mich schließlich nach Hause, bringt mich bis zur Haustür und verabschiedet sich mit einem flüchtigen Gutenachtkuss auf die Wange.
Kriege gerade noch so die Tür ins Schloss, ehe ich auf dem Boden zusammensacke.
Ist mir das alles gerade wirklich passiert?
Ich traue mich gar nicht mich zu kneifen. Denn was ist, wenn dies alles nur ein Traum ist?
Wenn ich mir vorstelle, morgens neben ihm aufzuwachen, ... oh mein Gott, mir wird ganz anders, denk an was anderes, an irgendetwas banales ... , ich könnte den ganzen Tag neben ihm im Bett liegen, den Rest meines Lebens ... und mich dabei abwechselnd übergeben und kneifen um mich zu versichern nicht zu träumen.


written by Andrea Reichstein, November 2003